Betreiber von Biogasanlagen können ein Lied davon singen: Die im Produktionsprozess anfallenden Gärreste sind in mehrfacher Hinsicht problematisch. Während der hohe Wassergehalt Lager- und Transportkoste in die Höhe treibt, kann eine Ausbringung in der Landwirtschaft durch überschüssige Nährstoffe negative Auswirkungen für die Umwelt haben. Zudem entweicht der in den Gärresten enthaltene Kohlenstoff rasch in die Atmosphäre, der für Böden wichtige Kohlenstoff geht verloren.
Vielleicht wurden Gärreste mangels besseren Wissens bisher aber auch unter ihrem Wert geschlagen. Geht es nämlich nach dem Forscher*innen-Team hinter „BioProfit“, schlummert in den vermeintlichen Abfällen jede Menge ungenutztes Potenzial, das durch richtige Aufbereitung gehoben werden kann – nicht, ohne dabei vorhandene Synergien zu nutzen. Denn da wäre noch die Torf-Problematik: In seiner Rolle als Zuschlagstoff für Pflanzensubstrate und Gartenerden werden hierzulande jährlich rund 160.000 Tonnen des organischen Sediments importiert. Die Umwelt freut das wenig, denn der Torfabbau geht mit der Zerstörung von Hochmooren einher und führt zur Freisetzung von Kohlenstoffdioxid. Dementsprechend steigt die Nachfrage nach alternativen Pflanzsubstraten stark an.
Das Projekt „BioProfit“ verspricht Abhilfe. Denn darin zeigten Forscher*innen der ACR-Institute AEE INTEC, GET, ZFE und IWI gemeinsam mit dem Start-up Terra Green GmbH und der Brauerei Göss auf, wie beide Probleme synergetisch in Angriff genommen werden können. Trennt man die Gärreste nämlich in ihre festen und flüssigen Bestandteile auf, kann ihnen ein zweites Leben eingehaucht werden. Während sich aus der Flüssigfraktion ein Stickstoffdüngemittel erzeugen lässt, ist die Feststofffraktion als Ersatz für den umweltschädlichen Torf einsetzbar. So entstehen gänzlich neue Produkte mit vielversprechendem Marktpotenzial, während die Gärrestvolumina um mehr als 80% reduziert werden und mit ihnen auch die Kosten für Lagerung und Transport.
„Das neue Verfahrenskonzept ermöglicht es, das große stoffliche Potenzial des Gärrestes optimal zu nutzen und damit eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu etablieren.“
Christian Platzer, Projektleiter bei AEE INTEC
Dass das innovative Verfahrenskonzept und der neue Torfersatzstoff auch der Praxis standhalten, haben umfassende Versuche an rund 22.000 Pflanzen im professionellen Erwerbsgartenbau gezeigt. Demnach können bis zu 30% des Torfanteils in Kultursubstraten durch die Gärrest-basierte Alternative ersetzt werden, ohne dabei Qualitätseinbußen in Kauf zu nehmen. Im Heimbereich wird es sogar möglich, gänzlich auf Torf zu verzichten. Die erfolgreichen Entwicklungsergebnisse führten zur Gründung der Terra Green GmbH, die auf die Herstellung nachhaltiger Pflanzsubstrate aus organischen Nebenprodukten spezialisiert ist.
„Unser Ziel ist es, nachhaltige Alternativen zum Torf aus regional verfügbaren Nebenprodukten wie Gärresten zu entwickeln, um die Abhängigkeit von Torfimporten zu reduzieren.“
Markus Derler, Gründer und Geschäftsführer der Terra Green GmbH
Mit 1.200 Gartenbaubetrieben in Österreich ist das Marktpotenzial groß und die Nachfrage dürfte weiter zunehmen, steigt der Marktanteil von Bio-Lebensmitteln doch stetig an. Durch ihre neuartigen Verfahren und Produkte trägt die Terra Green GmbH zur lokalen Wertschöpfung und zur Erreichung der Klimaziele bei und bietet zugleich eine nachhaltige Antwort auf die Zerstörung von Hochmooren. Der neue Torfersatzstoff ist in der Lage, den Gartenbau in ökologischer Hinsicht zu revolutionieren und eröffnet für Betreiber von Biogasanlagen neue Marktpotenziale.